Noch ist er nicht da, der 18. Mai, aber das Datum steht. In Bayern werden an diesem Tag weitere Kinder wieder die Schulen besuchen. Bis jetzt sind erst die Abschlussklassen wieder im Präsenzunterricht.

Das genaue Wie steht noch aus, aber es wird wohl irgendein Schichtmodell für die Klassen geben… So soll sie also aussehen, die schrittweise Wiedereingliederung unserer Kinder in einen Alltag, der wohl noch alles andere als normal sein wird.

Bisher gewohnte Situationen werden in einem ganz neuen Licht für all die jungen Menschen erscheinen, die in diesen Tagen und Wochen wieder ihre „gewohnten“ Strukturen betreten. Haben wir sie darauf vorbereitet? Bereitet sie überhaupt jemand darauf vor? Oder ist das Glückssache? Abhängig vom Einfühlungsvermögen des jeweiligen Lehrers oder Betreuers?

Kinder fit machen für andere Meinungen…

Mit der Öffnung werden neue Themen in die Familien getragen werden. Zum einen wird das rein praktische Erleben der Kinder eine Rolle spielen. Sie werden in der Schule und auf dem Schulweg auf Kinder treffen, die die neuen Regeln anders interpretieren. Einige werden mit dem Thema Corona umgehen, als wäre es abgehakt, andere werden Ängste schüren. Das wird unsere Kinder beschäftigen. Und damit werden ganz neue Themen am Familientisch wichtig. Was hast du erlebt? Wie gehen deine Freunde damit um? Fühlst du dich in der neuen Situation wohl?

Vermutlich stehen Schulinhalte nicht im Fokus der nächsten Wochen, sondern wie – besonders die jüngeren Kinder den Sprung in den Corona-Alltag einordnen. Und wie sich die bisher gewohnte soziale Struktur rund um den Corona-Alltag ordnen wird…

Ich versuche, mit meinen Kindern im Gespräch zu bleiben. Mitzukriegen, was sich tut. Auch zu erklären, dass andere eben manchmal andere Meinungen haben. Aber dass es wichtig ist, auch selbst eine Meinung zu haben und danach zu handeln. Auch als Erwachsene sprechen wir über unser Erleben der neuen Situation. Wie erleben wir andere? Werden Regeln eingehalten? Wo fällt es uns selbst schwer die Regeln einzuhalten? Beziehen wir unsere Kinder in diese Gespräche ein – bald sind sie auch von diesen Erfahrungen betroffen.

Ängste nehmen – klare Regeln für den Umgang mit Familie und Freunden…

Vor allem im Umgang mit Freunden und Familie kommen jetzt Themen auf den Tisch, die besser früher als später geklärt werden sollten, damit keine Missverständnisse entstehen. Alle freuen sich, dass wieder einzelne Kontakte zugelassen werden. Aber freuen sich wirklich alle?

Gibt es Omas oder Opas, Tanten, Onkel, die sich jetzt als Risikogruppe doch nicht wohl fühlen mit engerem Kontakt? Gerade für kleine Kinder ist es wichtig, dass die Haltung der Einzelnen bekannt ist, bevor sie große Enttäuschungen erleben. „Die Oma will mich nicht sehen, aber sie darf doch!“ Das wäre nicht schön. Es ist an uns Erwachsenen jetzt zu klären, in welchen Rahmen wir uns mit den Kindern bewegen.

Offenheit und Ehrlichkeit sind die Qualitäten, die wir in diesen Situationen wertschätzen und üben können. Und auch unseren Kindern vorleben.

Geh in den offenen Dialog mit den Menschen, die dir am Herzen liegen. Wie wollen wir in den kommenden Wochen miteinander umgehen? Welche Gedanken und Bedenken sind da?

Offene, ausgesprochene Themen können Kinder akzeptieren. Regeln können Kinder akzeptieren. Wenn es jedoch hinter den Kulissen brodelt und keiner der Erwachsenen offen ausspricht, was Sache ist, dann merken die Kinder: hier stimmt was nicht. Und das schafft nur Raum für Spekulationen. Das können wir vermeiden…

Eigene Prioritäten setzen lernen…

Diese Wochen der langsamen Öffnung sind auch eine Zeit, in der Prioritäten gesetzt werden müssen. Mit wem möchte ich mich treffen? Mit wem möchte ich spielen? Kinder, die viel unterwegs waren, sind das manchmal nicht gewohnt. Heute dieses, morgen jenes. Alles ist möglich.

Mal ganz ehrlich: Für mich selbst sind Verbote das härteste Brot dieser letzten Lockdown-Wochen. Ganz schwer zu akzeptieren… Vielleicht fällt das Kindern sogar leichter, weil sie im Kinder-Alltag häufiger mit eindeutigen Verboten konfrontiert sind, als wir Erwachsenen. Aber durch die Lockerungen kommt ein neuer Aspekt dazu: die Entscheidung.

Auch für Kinder spielen jetzt neben „Was darf ich?“ die Fragen „Was möchte ich? Was ist für mich am wichtigsten?“ eine Rolle. Was war bisher am Fußball spielen wirklich wichtig? Die Freunde? Das Spiel? Die Bewegung? Kann ich einzelne Aspekte davon vielleicht auch jetzt umsetzen? Das sind bereits für uns Erwachsene schwierige Fragen. Aber vielleicht wird die Beantwortung leichter, wenn wir uns gemeinsam auf die Suche nach den Antworten machen.

Wer fehlt jedem von uns am allermeisten?
Was fehlt jedem von uns am allermeisten?
Wie könnten wir da im Rahmen der neuen Regeln etwas unternehmen?
Mit wem können wir uns treffen? Unter welchen Umständen?
Welche Aktivität kommt dem, was wir vermissen, am nächsten?

So können auch die Kinder lernen, wieder besser auf ihre Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle zu hören.

Alles Liebe!